Verkorkster Jupiter – doch noch gerettet?


Am 12.08.2022 früh morgens herrschten für die Verhältnisse in Ostfriesland sehr gute Bedingungen für die Planetenfotografie, somit habe ich eifrig Filme von Jupiter aufgenommen. Auch wenn die Bildübertragung langsamer als nötig war, weil der USB-Port an meinem Laptop nicht funktioniert hat, sahen die Bilder auf dem Monitor ungewohnt gut aus. Das heikle Scharfstellen der Monokamera mit Filtern, die nicht genau homofokal sind, auch noch unter Zeitdruck – wegen der schnellen Eigenrotation Jupiters – klappte trotz meiner leichten Sehschwäche sogar ganz gut. Beim Stacken der Sequenzen kurz nach der Sitzung draußen – die Neugierde hatte die Müdigkeit besiegt – spuckte Autostakkert schon Rohsummenbilder aus, auf denen einiges zu sehen war, der GRF schielte einen regelrecht an, besonders im Grünkanal. Pro Kanal sind in einer Minute bei 9,5ms Belichtung etwa 2500 Bilder zusammengekommen. Optik war mein 150mm ED Refraktor von Skywatcher „Evostar“. Dieser ist nicht ganz farbrein, aber auch in Blau recht gut korrigiert. (Aus meinen „achromatischen Zeiten“ kenne ich noch matschige B-Kanäle zur Genüge.) Als Kamera fungierte eine ASI 290mm, benutzt habe ich die alten, neu nicht mehr erhältlichen Filter von ZWO, deren Daten hier ersichtlich sind:

https://astronomy-imaging-camera.com/product/lrgb-filters-1-25%E2%80%B3

Als IR-Passfilter habe ich das Produkt von Baader verwendet:

https://www.baader-planetarium.com/de/ir-passfilter-(685nm).html

Die Aufnahmezeit der Videos, deren Endprodukte ich hier vorstelle, lag zwischen 4.59 und 5.02 Uhr MESZ. Um bessere Resultate zu erzielen, sollte man die Verwendung von einem ADC und eine Derotierung der Bilder in Winjupos wenigstens in Erwägung ziehen. Beides habe ich jedoch nicht verwendet.

Bei der Entwicklung der Filme fiel mir auf, dass ich statt zwei dunklerer (Grün, G und Blau, B) und einem helleren Bild (Rot, R) zwei hellere Bilder und nur ein dunkleres vorliegen hatte. Langsam aber sicher kroch in mir der Verdacht hinauf, dass ich entweder den Grün- oder Blaukanal vergessen haben könnte – und das nicht nur einmal, sondern durchgängig. Ich hatte im Halbschlaf und in der Dämmerung das Filterrad um eine Station versetzt gedreht, statt R → G → B (→ IR, Infrarot) also IR → R → G, also bin mit der eigentlich letzten Station gestartet. Somit fehlt der Blaukanal komplett. Aber zunächst die Bilder, in Autostakkert aufaddiert, 3xDrizzle, dann in Fitswork geschärft und korrigiert, mutatis mutandis wie bei dem hier hochgeladenen Minitutorial zur Bearbeitung von Mondbildern

Minitutorial-PDF

Die Schärfung erfolgte demnach hauptsächlich mit dem Deconvolution-Tool bei Fitswork.

Hier also die so bearbeiteten IR-R-G-Summenbilder:

Nach dem ersten Schreck fängt man an zu grübeln, wie man doch noch das Beste aus der vertrackten Situation machen kann. Trostreich ist, dass die Kanäle in Schwarz-Weiß immerhin auch einiges zeigen. Dann ist aber doch der Wunsch nach einem Farbbild übermächtig, gerade bei dem so bunten Jupiter.

Zunächst habe ich den Grünkanal für den Blaukanal gehalten und versucht, mit dem IR-Bild zusammen ein Farbfoto zusammenzusetzen. Das Resultat zeigte einige Details, war farblich aber befremdlich. Nachdem ich das Bild in der FB-Gruppe „Planetenfotografie“ gepostet hatte, bekam ich per PN vom Administrator den Hinweis, ob nicht vllt doch der vermeintliche Blaukanal Grün sein könnte. Ebenfalls hat mir der kompetente und hilfs-bereite Hinweisgeber geraten, die Bildzusammensetzung ohne IR zu versuchen.

Im Internet hatte ich bereits gelesen, dass es diesen Trick bei Achromaten mit Farbfehler im Blauen gibt, den B-Kanal einfach durch G auszutauschen, also ein RGG statt RGB herzustellen. Das hatte ich selbst auch schon probiert. Analog zu dieser Idee habe ich dann versucht, den Grünkanal beim Zusammenbau des „RGBs“ dieses Jupiters zu ersetzen. Das durch diese Kombination entstandene Bild hat wenigstens optisch eine Ähnlichkeit mit dem Anblick Jupiters im Okular, jedenfalls wenn ich ein Stück vom Bildschirm wegtrete:

Ein weiterer Vorteil dieser Kombination ist, dass die beiden verarbeiteten Filme zeitlich sehr nahe beieinanderliegen, so dass die fehlende Derotierung keine Rolle spielt.

Es sollte aber dem Betrachter klar sein, dass so eher ein „pretty picture“ als ein wirklicher Jupiter entstanden ist, das dem visuellen Eindruck nacheifert, aber eben nicht alle im visuellen Spektrum wahrnehmbaren Informationen zeigen kann, da leider das Blau und die darin prominenten Details fehlen. Zu diesem Thema ist übrigens ein sehr fundierter und lesenswerter Artikel in der aktuellen „astronomie – DAS MAGAZIN erschienen (Nr. 28, Wolfgang Bischof, Die verschiedenen Gesichter Jupiters, S. 20 ff.).

So bin ich dann doch noch mit Glück, Schwarmintelligenz aus dem Netz (eher dem Fachwissen und der Hilfsbereitschaft einer Person) und etwas Improvisation zu meinem bisher ästhetisch schönsten Jupiter gekommen. Die letzten vorzeigbaren Bilder von diesem in meinem Planetenarchiv stammen von 2018. Ich hoffe, während dieser und den nächsten noch günstigeren Oppositionsphasen kommen noch weitere dazu.